Grš§e des Hl. Joseph nach den Aussagen der Litaneien

Die Josephs-Litaneien und ihre josephologischen Aussagen

Ein Vergleich

 

ãLex precandi (orandi) – lex credendiÒ; frei Ÿbersetzt: wie die Kirche betet, so glaubt sie auch (DS 246 u. 3828), diese uralte, immer gŸltige Formel gilt fŸr die gesamte kirchlich approbierte Liturgie und fŸr alle kirchlich approbierten, in der …ffentlichkeit verwendeten Gebete. Er gilt darum sicher auch fŸr die verschiedenen kirchlich approbierten und in der …ffentlichkeit verwendeten Litaneien, angefangen von der Šltesten Litanei, der Allerheiligen-Litanei, die im 5. – 7. Jahrhundert entstanden ist und mehrfach in der Liturgie verwendet wird. Bald kam die frŸhmittelalterliche Marienlitanei dazu, deren verschiedene Fassungen dann im beginnenden 16. Jahrhundert durch die bis heute einzige von der Kirche approbierte sogenannte Lauretanische Litanei abgelšst wurden. Schlie§lich bildete sich im 16. – 18. Jahrhundert ein ganzer BlŸtenkranz von Litaneien zu verschiedenen Heiligen, vor allem, in der Zeit der Gegenreformation, besonders im Kreis um den hl. Petrus Canisius (+1597) und in den von den Jesuiten gegrŸndeten Marianischen Kongregationen entstanden verschiedene, der Allerheiligen-Litanei nachgebildete Litaneien, und zwar entweder im Mischtyp von Anrufungen und Anliegen oder im Typus der blo§en Anrufungen. All diesen Heilig Litaneien stand das kirchliche Lehramt lange sehr kritisch-skeptisch gegenŸber, immer aus der Bedachtnahme heraus, dass sich ja nichts Irriges und Glaubenswidriges in das Beten der Kirche einschleiche. (Es wurde darauf ausfŸhrlich hingewiesen von F. Holbšck: ãLitaneien-KatechismusÒ; Salzburg 1976, Abschnitt: Die Wachsamkeit des kirchlichen Lehramts, S. 14 – 16). Eine einzige dieser vielen Heiligen-Litaneien ist bisher offiziell approbiert und fŸr den šffentlichen gebrauch zugelassen worden – nŠmlich die auf den heiligen Papst Pius X. (Giuseppe Sarto) zurŸckgehende Josephs-Litanei, die von diesem Papst im Apostolischen Schreiben vom 18. MŠrz 1909 approbiert wurde.

Wenn man nun mit dieser einzigen approbierten Josephs-Litanei die relativ zahlreichen anderen Josephs-Litaneien vergleicht, die sich in GebetbŸchern des 18. Und 19. Jahrhunderts in deutscher, franzšsischer und italienischer Sprache finden, so macht man interessante Feststellungen in der Richtung, dass dem hl. Joseph zu wenig zugetraut wurde, was seine Bedeutung, Grš§e und Heilfunktion betrifft.

Gehen wir im Vergleich aus von der Tatsache, dass sich in der approbierten Josephs-Litanei eine dreifache Einteilung der 25 Anrufungen des hl. Joseph nahelegt: Es geht 1. um die Herkunft des hl. Joseph und seine Stellung zu Maria und Jesus, 2. um die Tugenden dieses Heiligen, 3. um das mannigfache Patronat, das ihm von der Kirche zuerkannt wurde.

Es fŠllt nun folgendes auf:

1.    Die approbierte Josephs-Litanei verschweigt unter den Anrufungen den biblischen Titel ãGerechter MannÒ (Mt 1,19). In nicht-approbierten Litaneien aber wurde der hl. Joseph einmal als ãgerechter Mann nach dem Herzen GottesÒ und als der vom Hl. Geist als ein Gerechter Gepriesener angerufen.

2.    Es wird das NaheverhŠltnis des hl. Joseph zu den drei gšttlichen Personen entweder gar nicht oder zu schwach ausgesagt: Die approbierte Josephs- Litanei geht auf das VerhŠltnis des hl. Joseph zur ersten gšttlichen Person gar nicht ein, im Gegensatz zu anderen nicht-approbierten Josephs-Litaneien, wo der hl. Joseph wenigstens ãAbbild des himmlischen VatersÒ genannt wird. IN einer nicht-approbierten Litanei wird der hl. Joseph sogar so angerufen: ãHl. Joseph, dem der ewige Vater das Ansehen, die Sorgfalt und besondere Liebe eines Vaters fŸr seinen menschgewordenen Sohn geschenkt hatÒ.

3.    In keiner Josephs-Litanei wird Ÿber den Titel ãkeuscher BrŠutigam MariensÒ hinaus zugegeben, dass der hl. Joseph nicht blo§ ãBrŠutigamÒ im landlŠufigen Sinn gegenŸber Maria war, sondern ihr ãMannÒ im Sinn von Gemahl war, obwohl ihn die Hl. Schrift ausdrŸcklich so nennt: ãJakob war der Vater von Joseph, dem Mann Marias, von ihr wurde Jesus geboren, der Christus (der Messias) genannt wirdÒ (Mt 1,19). ãMit der Geburt Jesu Christi war es so: Maria, seine Mutter, war mit Joseph verlobt noch bevor sie zusammengekommen waren, zeigte sich, dass sie ein Kind erwartete – durch das Wirken des Hl. Geistes. Joseph, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht blo§stellen wollte, beschloss, sich in aller Stille von ihr  zu trennen.Ò (Mt 1,18-19). Zwischen Maria und Joseph bestand eine gŸltig geschlossene, aber niemals geschlechtlich vollzogene Ehe (ãmatrimonium ratum, sed non consumatumÒ). Papst Johannes Paul II. hat in seinem Apostolischen Schreiben ãRedemptoris custosÒ vom 15. August 1989 die gŸltig geschlossene jungfrŠuliche Ehe Mariens und Josephs stark betont. In einer Zeit, in der die Ehemoral so stark darniederliegt und viele Ehepartner in der Ehe nur noch die sexuelle Befriedigung suchen, wŠre es sicher sehr aktuell, mit der Josephs-Litanei diesen Heiligen als jungfrŠulichen Gemahl Mariens anzurufen. Die Kirche ging frŸher an der Tatsache der Ehe zwischen Maria und Joseph nicht etwa aus falscher Scham vorbei, sondern feierte am 23. Januar sogar ein eigenes Fest der VermŠhlung Mariens mit Joseph. Zwar war dieses Fest durch die Kalenderreform unter Papst Pius X. seit 1914 nur noch ein Eigenfest einzelner Ortskirchen und bei der Kalenderreform von 1969 ist dieses Fest ganz gestrichen worden. Das Šndert aber nichts an der Berechtigung, uns an die Tatsache zu erinnern, dass Maria, die seligste Jungfrau und GottesgebŠrerin, mit dem hl. Joseph nicht blo§ verlobt, sondern vermŠhlt war, und dass der hl. Joseph der jungfrŠuliche Gemahl Mariens war und als solcher in der Josephs-Litanei angerufen werden kšnnte.

Was Ÿber diese biblische Tatsache hinaus eine weitere Schilderung des VerhŠltnisses des hl. Joseph zu Maria betrifft, so beschrŠnkt sich die approbierte Josephs-Litanei darauf, den hl. Joseph ãBrŠutigam und keuschen BeschŸtzer MariensÒ zu nennen. In anderen Josephs-Litaneien wird das noch ergŠnzt durch folgende Anrufungen: ãJoseph – der treue BegleiterÒ sowie ãder liebreiche GefŠhrte, Tršster und StŸtze Mariens in allen MŸhseligkeitenÒ.

4.    BezŸglich des VerhŠltnisses des hl. Joseph zur zweiten gšttlichen Person, zum Sohn Gottes, beschrŠnkt sich die approbierte Josephs-Litanei darauf, den hl. Joseph ãNŠhrvater des Sohnes GottesÒ und ãsorgsamen BehŸter ChristiÒ zu nennen. Andere Josephs-Litaneien nennen ihn ebenfalls ãNŠhrvater Jesu ChristiÒ oder ãPflegevater JesuÒ; oder es werden die biblischen Ereignisse, bei denen der hl. Joseph eine Rolle gespielt hat, der Reihe nach in den Anrufungen aufgezŠhlt, z.B. ãHl. Joseph, der du 30 Jahre hindurch Jesus, das gšttliche Vorbild jeder Vollkommenheit, beobachten konntestÒ, ãHl. Joseph, der du so lange und so familiŠr das ewige Wort Gottes mit  deinen Augen betrachtet und mit deinen HŠnden berŸhrt hastÒ, ãHl. Joseph, der durch deinen Gehorsam, deinen Schwei§ und deine Arbeit das Leben des Erlšsers der Menschheit ernŠhrt und gerettet hastÒ. In keiner Josephs-Litanei aber wird gewagt, den hl. Joseph mit tiefergehender Vaterschaft zu betiteln und den in die Ehe Josephs mit Maria Hineingeborenen als den ãjungfrŠulichen Sohn JosephsÒ und diesen als den ãjungfrŠulichen Vater Jesu ChristiÒ zu bezeichnen. Auf diese dogmatische Wahrheit hat in solider BeweisfŸhrung J. MŸller hingewiesen in seinem Buch ãDer hl. Joseph: Die dogmatischen Grundlagen seiner besonderen VerehrungÒ (Innsbruck 1937), besonders in der Abhandlung Ÿber ãdie Vaterschaft des hl. JosephÒ, wo in sechs Thesen folgendes aufgezeigt wird: ã1. Der hl. Joseph war nicht blo§ der NŠhrvater des Jesuskindes, 2. Er war auch nicht Adoptivvater, 3. Auch nicht legaler (gesetzlicher) Vater, 4. Auch nicht blo§ vermeintlicher Vater. 5. Er war Vater in einem wahren und eigentlichen Sinn, insofern das gottmenschliche Jesuskind die Frucht seiner jungfrŠulichen Ehe mit der reinsten Jungfrau war. 6. Die passende Bezeichnung fŸr diese Vaterschaft ist wohl der Name âjungfrŠulicher VaterÔ.Ò

Man darf wohl die Frage stellen, ob diesbezŸglich die Anrufung des hl. Joseph in der approbierten Josephs-Litanei als ãNŠhrvater des Sohnes GottesÒ korrigiert werden kšnnte und sollte.

5.    BezŸglich der genealogischen Herkunft des h l. Joseph ruft die approbierte Josephs-Litanei diesen Heiligen ãals erlauchten Spross DavidsÒ und als ãLicht der PatriarchenÒ an. In einer Litanei wird der hl. Joseph auch noch ãEhre des Hauses DavidÒ genannt. In keiner Joseph-Litanei aber wird der hl. Joseph – was vollauf berechtigt wŠre – ãGipfel und Hšhepunkt der Ahnenreihe der PatriarchenÒ genannt.

Auffallend ist, dass der hl. Joseph nur in der approbierten Josephs-Litanei als ãHaupt der Heiligen FamilieÒ aufscheint. Es sieht so aus, als ob im 18. – 19. Jahrhundert, in welchem diese Josephs-Litaneien entstanden sind, der Gedanke an die Hl. Familie von Nazareth noch nicht sehr stark im Vordergrund gestanden wŠre. Das Fest der Heiligen Familie hat ja erst Papst Leo XIII. am 14. Juli 1892 eingefŸhrt.

6.    Den Tugendreichtum des hl. Joseph betont die approbierte Josephs-Litanei relativ stark, indem sie ihm die Tugenden der Gerechtigkeit, der Keuschheit, der Weisheit, des Starkmutes, des Gehorsams, der Treue, der Geduld, der Liebe zur Armut sowie Flei§ und Arbeitsamkeit zuschreibt. Andere Josephs-Litaneien nennen den hl. Joseph ãvortreffliches Muster aller TugendenÒ und ãvollkommenes Vorbild des innerlichen LebensÒ; sie nennen ihn einen ãim Gebet mit Gott WandelndenÒ und ãzu hšchster Beschauung ErhobenenÒ. An die Spitze der Tugenden des hl. Joseph mŸsste wohl nach der biblisch gesehenen Gerechtigkeit sein heroischer Gehorsam gesetzt werden, da er – ohne Worte und EinwŠnde vorzubringen – sofort tat, was ihm Gott durch einen Engel auftrug. Dann kŠmen wohl sofort seine jungfrŠuliche Keuschheit und seine zuverlŠssige Treue gegenŸber den ihm anvertrauten heiligsten Personen.

7.     Worauf schlie§lich alle Josephs-Litaneien noch besonders hinweisen, ist das mannigfache Patronat, das dem hl. Joseph von der Kirche oder vom frommen Volk zuerkannt wurde.

Die Reihenfolge der Patronate des hl. Joseph, wie sie in der approbierten Litanei aufgezŠhlt werden (ãVorbild der Arbeiter – Zierde des hŠuslichen Lebens – BeschŸtzer jungfrŠulicher Seelen – StŸtze der Familien – Trost der BedrŠngten – Hoffnung der Sterbenden – Schrecken der bšsen Geister – Schutzherr der heiligen KircheÒ) ist sicher nicht vollstŠndig und wird bisweilen gut ergŠnzt in nicht-approbierten  Josephs-Litaneien, beispielsweise: ãVielvermšgender BeschŸtzer der ReisendenÒ; ãSicherer Ratgeber in der StandeswahlÒ, ãErretter der Seelen im FegfeuerÒ. †berdies ist der hl. Joseph ausdrŸcklich erklŠrter Patron verschiedener LŠnder und Ordenskongregationen. Besonders unterstrichen wurde das Patronat des hl. Joseph Ÿber die Arbeiter durch Papst Pius XII., der am 1. Mai 1955 das Fest Josephs des Arbeiters auf den 1. Mai ansetzte. Auch das Patronat des hl. Joseph Ÿber die Sterbenden wurde in letzter Zeit stark unterstrichen. Warum der  hl. Joseph ein besonderer Schutzpatron in der Abwehr dŠmonischer Angriffe sein soll und deshalb in der approbierten Josephs-Litanei als ãSchrecken der bšsen GeisterÒ(ãterror daemonumÒ) angerufen wird, ist nicht recht einsichtig. Papst Leo XIII. ernannte den h l. Joseph in der Enzyklika vom 15. August 1889 zum Schutzpatron und Vorbild aller stŠnde. Er kann dies auch tatsŠchlich sein.

 

Darum schrieb Papst Leo XIII.: ãAlle, wessen Standes sie auch sein mšgen, haben GrŸnde, sich dem Schutz des hl. Joseph anzuempfehlen: Die FamilienvŠter haben an Joseph das erhabenste Muster vŠterlicher Wachsamkeit und FŸrsorge; die Ehegatten das vollkommene Vorbild ehelicher Liebe, Einigkeit und Treue; die Jungfrauen ein Beispiel und einen BeschŸtzer der jungfrŠulichen Reinheit. Verarmte Adelige mšgen auf Josephs Beispiel auch im UnglŸck die WŸrde zu bewahren lernen; die Reichen aber mšgen verstehen, welche GŸter vorzugsweise mit allen KrŠften anzustreben sind. Die Vermšgenslosen aber, die Handwerker und alle BedŸrftigen haben ein besonderes Anrecht auf Josephs Schutz und Nachahmung. Denn er, obschon von kšniglichem GelŸbde, Gemahl der grš§ten und heiligsten aller Frauen und Pflegevater des Sohnes Gottes, brachte sein Leben in Armut zu und verschaffte durch seiner HŠnde Arbeit den Seinigen das Nštige. Der Beruf der Niedrigen ist also, wenn recht betrachtet, keineswegs verŠchtlich, er ist nicht nur nicht unehrenhaft, sondern jedes Handwerk kann durch Tugend geadelt werden. Joseph, zufrieden mit dem wenigen, was sein war, ertrug seine beschrŠnkte Lage mit Gleichmut und Hochsinn, nach dem Beispiel seines Sohnes, der Knechtsgestalt angenommen hat, trotzdem er der Herr von allem war und freiwillig die Šu§erste Not und DŸrftigkeit auf sich nahm.Ò